Wir erinnern uns noch als wäre es gestern gewesen, als Herr K., damaliger Außenminister der [österreichischen] Nation, an einem sonnigen Herbstmontag 2018 bei uns im Eckbüro saß. Wir waren damals gerade räumlich am Expandieren und in Vorbereitungen verstrickt, den 5. Stock des Hauses auch noch anzumieten. Wir sprachen mit Herrn K. über Entwicklungsmöglichkeiten und welche Chancen wir sahen, dass Wirtschaftslobbyisten künftig noch mehr Einfluss auf das politische Geschehen des Landes bekämen.
Nun war die Vorstellung wahrlich etwas herausfordernd, den jungfräulich wirkenden Herrn K. als »starken Mann« zu inszenieren, der die fabrizierten Probleme unserer Zeit lösen könnte. Gerne hätten wir jemanden gefunden für den Job, der ein bisschen mehr Format gehabt hätte. Wir wussten aber, dass die kindliche Ausstrahlung von Herrn K., eine Mischung aus Christkind und Heiland, bei gewissen Bevölkerungsgruppen durchaus gut ankam. Die Message bestand in jedem Fall darin: »Alle anderen sind Schuld and I alone can fix it.«
Es verlangte uns schließlich nicht sehr viel Überzeugungsarbeit ab, den genügsamen und machtanspruchslosen damaligen jüngsten Außenminister der Welt für unser Vorhaben zu motivieren, ihn als Kanzleranwärter aufzustellen. Bis dahin war er nicht einer gewesen, der seine Leistungen an die große Glocke versucht hatte zu hängen oder sich mit fremden Federn versucht hatte zu schmücken. Aber genau das musste sich ändern. Darum war der teilweise etwas unauthentisch wirkende Jungspund auch unsicher, als wir ihm unseren »Plan K.« vorstellten. Der Plan beinhaltete im Wesentlichen drei Punkte, um den durch unzählige Rhetorikschulungen in seiner Mimik und Gestik etwas inkongruent auftretenden Außenminister zum jüngsten Kanzler der Welt zu machen:
- Die Regierung öffentlich schlecht machen
- Druck auf die katholische Kirche ausüben
- Geschönte Meinungsumfragen, finanziert durch Steuergeld
Punkt 1: Die Regierung schlecht machen
Die damalige Regierung auch öffentlich schlecht zu machen war in der Tat nicht schwierig. War es doch die eigene Partei, die dem damaligen Regierungskoalitionspartner lange vorher schon erfolgreich Steine in den Weg legte, bei deren Größe man beim schieren Anblick Rückenschmerzen bekam. Die Herausforderung bestand darin, mehr mit der Dissonanz umgehen zu lernen, gegen die eigene Partei zu schießen. Aufgrund des fluiden Wertegerüsts des Herrn. K brauchte es hierfür nur minimale Überzeugungsarbeit. Wir setzten auf eine, wenn nicht die altbewährteste populistische Technik ‘Probleme vergrößern – Lösungen vereinfachen’.
Der feminine »strong man« sollte mit dieser Strategie zum »Jesus der Alpenrepublik« aufsteigen und es mit einem [un]fähigeren Koalitionspartner leichter haben, die Staatskassen zu plündern und die politische Agenda der Regierung noch besser den Interessen der Wirtschaft anzupassen.
Punkt 2: Druck auf die katholische Kirche ausüben
Wir waren anfänglich unsicher, ob wir auf die Provokationen der römisch-katholischen Kirche eingehen sollten. Die hatten sich damals in den politischen Diskurs eingemischt und gegen die herrschende migrationsfeindliche Politik geschossen, die eigentlich das heimliche Kernstück unseres Übernahmeplans darstellte. Anstelle sich nachhaltigere Vertuschungsstrategien zu erarbeiten, um mit den Anschuldigungen rund um das Thema sexuelle Früh- und Frühsterfahrungen in der Kirche umzugehen, mussten wir wöchentlich in den Medien lesen, wie sie die politischen Errungenschaften von Herrn K. in seiner Rolle als Außenminister schlecht machten.
Jetzt ist es wahrlich nicht einfach der katholischen Kirche damit zu drohen, sie öffentlich in ein noch schlechteres Licht zu rücken, um sie auf wieder auf Kurs zu bringen. Wir waren schon dabei, einen Pool von Ministranten als Verhandlungsmasse zu rekrutieren, als Team Member Khan der Einfall kam, der Kirche mit dem Entzug von Steuerprivilegien zu drohen. Danke an dieser Stelle an Team Member Khan für diese brillante Idee.
Im Nachhinein ist man immer schlauer. Ein Glied ist nur so stark wie das schwächste Kette im System. Klar konnte niemand erahnen, dass ein rechtspopulistischer Zahntechniker mit Allmachtsfantasien nicht die ideale Vizekanzlerbesetzung ergab. Auch im zweiten Anlauf setzte man auf falsche Personen bei der Rekrutierung. Herr K. stellte erneut ein Team zusammen, das im Flachpfeiffenindex nicht höher hätte ranken können. Regel Nummer eins: man setzt für delikate Angelegenheiten nicht Menschen ein, die beim kleinsten Druck singen wie ein Sopranist der Wiener Sängerknaben an Heiligabend. Hintermänner brauchen Rückgrat. Dies darf den Vordermänner•innen auf der politischen Bühne ruhig fehlen. Schauen sie auf unsere türkischen und ungarischen Kollegen – die wissen, wie man eine Mannschaft zusammenstellt.
Punkt 3: Meinungsumfragen, finanziert durch Steuergeld
Die Umsetzung der Idee der steuerfinanzierten Meinungsumfragen ging ebenfalls etwas nach hinten los. Natürlich halfen die konspirativen Chatprotokolle und die Postenschacherei auch nicht. Sie müssen aber verstehen, dass ein Großteil der Österreich•innen ihrer Partei gegenüber im Schnitt 739x loyaler ist als die Poliker•innen gegenüber ihren Wähler•innen.
Ganz egal was passiert ist, die selektive Wahrnehmung der hiesigen Wählerschaft stimmt uns mehr als optimistisch, unseren Alpen Messias auch ein drittes Mal aufzustellen.
Wir arbeiten bereits intensiv an [s]einem Comeback. Stay tuned.