Es bebt sowohl auf als auch abseits der Politik in der Heimat des Wiener Schnitzels. Auch wenn die politischen Talente Österreichs im internationalen Vergleich schlecht abschneiden, scheint dies dem politischen Unterhaltungswert in der Alpenrepublik keinen Abbruch zu tun. „Man spielt hier in der Champions League auf absolutem Top-Niveau“, sagt uns ein Politikunterhaltungsexperte aus unserem durchaus unterhaltsamen Netzwerk.
Trotz politischer Kandidaten, die mangels Ausstrahlung und Charakter für den Job nicht ungeeigneter sein könnten, stört sich die breite Öffentlichkeit nicht im Geringsten daran. Im Gegenteil, je unsympathischer und wertefreier die Kandidaten sind, umso besser für die Quoten – wie man unschwer an den Ergebnissen der EU-Wahl vor ein paar Tagen erkennen kann. Politikexperten und Drehbuchautoren aus aller Welt sind sich jedenfalls einig: Was früher als trocken und langweilig galt, ist jetzt ein unverzichtbarer Teil des abendlichen Unterhaltungsprogramms geworden.
Politik á la Netflix-Serie
Menschen wollen durch (inszenierte) politische Dramen unterhalten werden, und hier macht Österreich alles richtig. Von Politikexperten wissen wir, dass sich die österreichische Politik des Soap-Opera-Playbooks bedient, als gäbe es kein Copyright. Der Unterschied zwischen Politik und dem normalen Leben ist, dass es in der sogenannten Realität oft längere Episoden von Langeweile gibt, und das täglich. Da ist es nachvollziehbar, dass sich die österreichischen Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Unterhaltungsanspruch vom Angebot der dürftigen nationalen Unterhaltungsindustrie ab- und hin zur Politik wenden.
Die Probleme unserer vernetzten Welt werden immer komplexer. Die Grenzen zwischen Fakten und Fiktion verschwimmen. Im Zentrum stehen nicht mehr Themen und Sachinhalte, sondern alles wird zum Kampf oder zum Duell hochstilisiert, als ginge es um Leben und Tod: die Angepassten gegen die Nicht-Angepassten, die Helden gegen die Schurken, die in einem endlosen Spiel um Macht und Intrigen miteinander bis zum bitteren Ende ringen. Mit welchem Ziel meine unterhaltungverliebten Damen und Herren?
„Manchmal frage ich mich, ob die Politiker sich nicht heimlich in einem Schauspielkurs anmelden“, schmunzelt der rund um Wahlen omnipräsente Chefanalytiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. „Die Fähigkeit, gleichzeitig ernsthaft und urkomisch zu sein, ist einfach beeindruckend.“ Besonders hervorzuheben ist die kreative Vielfalt der Skandale, die das politische Parkett in Österreich zieren. Von heimlichen Aufnahmen auf heimeligen Urlaubsinseln bis hin zu spektakulären Rücktritten und Comebacks – das Drehbuch scheint nie langweilig zu werden. Es ist als hätte die Realität beschlossen, die besten Elemente aus „House of Cards“, „Veep“ und „The Office“ zu vereinen.
„Die österreichische Politik ist ein endloser Quell der Freude“, bestätigt auch die begeisterte Zuschauerin Anna Satiri, die keine Episode verpasst. „Ich habe mein Netflix-Abo gekündigt – wozu auch noch für Unterhaltung zahlen, wenn sie gratis aus dem Regierungsviertel kommt?“
Jährliche Award-Show für Politiker•innen
Um das hehre Ziel zu erreichen, liebe Österreicherinnen und Österreicher, die nationale Politik im internationalen Unterhaltungsranking anzuführen und sie täglich zu entertainen. An dieser Stelle möchten wir uns stellvertretend für alle Österreicherinnen und Österreicher bei den »Mäusen« aus dem täglichen Politkabarett für ihre auszeichnungswürdige Leistung bedanken. Daher fordern wir auch endlich die Einführung einer jährlichen Award Show für Politiker•innen zur Würdigung ihres wertvollen Beitrags zur Unterhaltungsindustrie.
K2 – wir sind so wie die Politik. Lustig. Seit 1999.
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