Ein Kommentar von Luzius L. Atern, dem einzigen Reporter mit Wachskerzen-Abo und Brieftaubenzucht.
Der Süden Europas lag im Dunkeln – und plötzlich sahen wir klarer. Blackout, also Totalausfall des Stromnetzes, in Spanien und Portugal? Für manche eine Katastrophe, für uns: endlich Ruhe vor den zig-tausenden Sangria-Influencern.
Während panische Stimmen von „Versorgungskollaps“ und „digitaler Apokalypse“ sprechen, zeigt sich eine stille Revolution: Menschen sprechen miteinander – analog. In Sevilla wurde erstmals seit 2009 ein Jugendlicher gesichtet, der »ein echtes Buch« liest. Ohne Akku, ohne Scrollfunktion. Er blätterte. Wir wiederholen: Er blätterte. Mit seinen eigenen Händen!
Auch die Wirtschaft profitiert: Der Absatz von Kerzen ist explodiert, Romantik erlebt eine Renaissance. In Lissabon wurde bereits die erste Candlelight-Behörde eröffnet, wo Anträge bei Mondschein und mit Füllfeder gestellt werden. „Ein Hauch von Kafka“, schwärmt die Verwaltung.
Und was für ein Klimasegen! Zwei Tage ohne Strom und Spanien erreicht die CO₂-Ziele von 2045 bereits 20 Jahre früher – versehentlich zwar, aber immerhin. Vielleicht sollten wir das Konzept auf ganz Europa ausrollen. Tag X: Alle Stecker raus, dafür wieder Menschlichkeit rein.
Selbst das Internet schweigt – und siehe da: niemand vermisst die Kommentare.
Der iberische Stromausfall ist kein Blackout – es ist ein Black-In. Ein Einbruch des echten Lebens.
Entschleunigung nach der Zen-Philosophie
Während andere Nationen auf Künstliche Intelligenz setzen, gehen Spanien und Portugal mutig den entgegengesetzten Weg: Künstliche Dunkelheit als heroischer Akt der Entdigitalisierung. Denn was als technischer Defekt begann, ist längst zum philosophischen Manifest geworden: „Wenn der Bildschirm schwarz bleibt, beginnt der Blick nach innen“, erklärt ein bärtiger Poet, der früher Social-Media-Manager war und nun Tauben züchtet.
Die Straßen von Madrid? Ruhiger als ein Schweigekloster. Ohne Ampeln herrscht reiner Zen-Verkehr: Wer zuerst hupt, hat verloren. Unfälle? Kaum – die Autos stehen eh alle, weil die E-Tankstellen tot sind. Der neue Volkssport: Rollen lassen.
In Portugal tanzen Menschen barfuß um Lagerfeuer und rufen „Adé, WLAN!“, als wär’s ein Dämon. Der Premierminister selbst wurde gesichtet, wie er mit einer Taschenlampe Lyrik rezitiert. Die Apokalypse schmeckt hier nach Rotwein und gerösteten Sardinen.
Auch der Tourismus zeigt sich begeistert. Eine deutsche Urlauberin auf Menorca: „Es ist total entschleunigend. Ich wusste gar nicht, wie schön mein Mann aussieht, ohne dass ein Netflix-Menü sein Gesicht überstrahlt.“ Ein schwedischer Backpacker erzählt: „Ich dachte, das sei eine Silent-Disco. Aber es war einfach nur die Straße.“
Experten sind jedenfalls begeistert: Der Stromausfall habe die mentale Gesundheit vieler Menschen verbessert. Kein Scrollen, kein Zappen, keine Realityshows mehr – außer natürlich das echte Leben, und das ist eh die absurdeste Show von allen.

Vision für Europa
Warum nicht jeden Dienstag abschalten? Stromfrei statt sorgenfrei! Energiekrise gelöst, Burnout weg, Beziehungen gerettet – und nebenbei wird ganz Portugal zu einem einzigen Escape Room mit Meeresblick.
Frankreichs Präsident Macron sprach von einem „mutigen Experiment im Bereich Lichtverweigerung“ und kündigte an, demnächst testweise in Versailles alle Lampen durch Duftkerzen zu ersetzen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dagegen warnte: „Wenn sich das durchsetzt, können wir unser 5G-Netz auch gleich als Vogelschutzgebiet deklarieren.“
Bleibt nur eine Frage: Wer hat den Stecker gezogen – und könnte er bitte auch mal im Weißen Haus vorbeischauen?
(Bilder: AdobeStock)