Hinter den Renaturierungsgesetz-Kulissen brodelt es und das politische Parkett im Regierungsviertel gleicht zur Zeit vielmehr einer großen Grube, in der gegen Schlangen gekämpft wird. In einem aufschlussreichen Interview mit anonymen Insidern der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) wurden uns endlich »die wahren Gründe« offenbart, warum die ÖVP das Renaturierungsgesetz ablehnt (obwohl 82% der Bevölkerung dieses unterstützen).

Offiziell wurden natürlich zahlreiche umweltpolitische und wirtschaftliche Gründe vorgeschoben und nicht etwa, dass man dem (noch) Koalitionspartner wenige Wochen vor der Nationalratswahl keine Erfolge mehr vergönnt. In typisch investigative Manier wollen wir ihnen jedenfalls »die wahren Gründe« für das Österreich in ganz Europa lächerlich machende Verhalten nicht vorenthalten.

Das Renaturierungsgesetz und die ÖVP: Freunde werden´s nimma

  • Der Schock über das Wort „Renaturierung“
    Die meisten ÖVP-Mitglieder können sich mit dem Begriff „Renaturierung“ einfach nicht anfreunden. Er klingt zu sehr nach „Natur“, und wie wir alle wissen, verbringt die Parteispitze ihre Freizeit lieber in klimatisierten Büros als in irgendwelchen Wäldern. Ein Abgeordneter soll sogar gefragt haben: „Ist das dieses Ding, wo die Kühe frei rumlaufen?“
  • Die Gefahr der Erholung
    Ein weiteres großes Problem ist die Vorstellung, dass Renaturierung Gebiete schaffen könnte, die zur Erholung dienen. Dies könnte den Bürgerinnen und Bürgern die brandgefährliche Idee einflößen, dass sie weniger arbeiten und mehr Freizeit genießen könnten. Ein solcher Gedanke ist natürlich völlig unvereinbar mit der Vision der ÖVP einer produktiven Gesellschaft, in der jeder Bürger mindestens 270 Stunden pro Woche arbeiten sollte.
  • Verwirrung über den Begriff „Nachhaltigkeit“
    Ein führendes Parteimitglied gestand ein, dass viele in der Partei das Konzept der „Nachhaltigkeit“ nicht wirklich verstehen. Einer soll gesagt haben: „Ist das nicht dieser Trend, wo man statt Kaffee Hafermilch trinkt?“
  • Die Angst vor Wildnis
    Ein weiterer Insider gibt zu, dass die Vorstellung von mehr natürlicher Wildnis in Österreich viele Parteimitglieder beunruhigte. „Was, wenn da plötzlich Wölfe auftauchen oder wenn die Pflanzen und Tiere zurückkommen und die Städte übernehmen?“ so ein besorgter Abgeordneter. Ein geheimes Strategiepapier der Partei zeigt zudem, dass man sich vor einer „grünen Apokalypse“ fürchtet, bei der Pflanzen die Gebäude verschlingen und Eichhörnchen die Macht übernehmen. Ein anderer befürchtet, dass mehr Bäume nur noch mehr Laub bedeuten, das auf den perfekt gepflegten Straßen der Vorstadtviertel landen würde.
  • Ein heimlicher Deal mit den Beton-Lobbys
    Es wird auch angedeutet, dass die Betonindustrie einen geheimen Deal mit der ÖVP abgeschlossen hat. „Mehr Natur bedeutet weniger Beton, und weniger Beton bedeutet weniger Geld für unsere treuen Unterstützer“, erklärt der Insider. Die Beton- und Baulobby wäre jedenfalls schwer enttäuscht, wenn sie nicht weiterhin Auen und Wälder in wunderschöne Betonwüsten verwandeln könnte. Wer soll denn dann all die schönen Spenden leisten, wenn nicht die freundlichen Industriellen, die so gerne mal ein Naturschutzgebiet in eine Mall verwandeln?
  • Der Mythos vom „unnützen“ Grünland
    Ein besonders „kreativer“lustiger“ Abgeordneter argumentiert, dass jede ungenutzte Fläche, die renaturiert würde, besser als Parkplätze oder Shopping Malls genutzt werden könnte. „Stellen sie sich vor, wie viele Parkplätze wir verlieren würden! Wo sollen dann all die SUVs parken?“
  • Technologischer Fortschritt durch Naturferne
    Außerdem wird der philosophische Standpunkt vertreten, dass wahre Innovation nur in einer vollständig vom Menschen kontrollierten Umgebung gedeihen kann. „Wie sollen wir jemals fliegende Autos entwickeln, wenn überall Bäume im Weg stehen?“ fragt ein technikbegeistertes Parteimitglied.
  • Konkurrenz für Golfplätze
    Eine Renaturierung würde außerdem bedeuten, dass viele ungenutzte Flächen wieder zu Wäldern und Wiesen werden. Dies könnte die Expansion von Golfplätzen ernsthaft gefährden, und wir alle wissen, wie wichtig Golf für die politische Elite ist. Wo sonst könnten sie entspannen und wichtige Entscheidungen über den zukünftigen Raubbau an der Natur treffen?
  • Furcht vor Naturkatastrophen
    Bäume ziehen Blitze an, und Bäche könnten über die Ufer treten. Was wäre, wenn ein neu angelegter Teich überläuft und ein Politiker nasse Füße bekommt? Die ÖVP nimmt die Sicherheit ihrer Mitgliederinnen und Mitglieder sehr ernst und möchte hier keine Risiken eingehen.
  • Aversion gegen das Grün
    Die ÖVP hat festgestellt, dass zu viel Grün in der Landschaft die Menschen an die Grünen erinnert – und das kann man nun wirklich nicht unterstützen. Es besteht die Gefahr, dass die Bürger beim Anblick der wiederhergestellten Natur anfangen, über Umweltbewusstsein nachzudenken. Ein Alptraum!
  • Bürokratische Faulheit
    Die Umsetzung eines Renaturierungsgesetzes erfordert Arbeit – Planungen, Ausschreibungen, Umsetzungen. Da entscheidet man sich doch lieber für den einfachen Weg und macht…, richtig: nichts. Einfach und bequem, wie ein Nachmittag im Kanzlerbüro.
  • Verlust von Traktor-Parkplätzen
    Die Bauernlobby, eine der stärksten Unterstützergruppen der ÖVP, hat ihre Besorgnis geäußert. Durch die Renaturierung würden wertvolle Traktor-Parkplätze in ländlichen Gebieten verloren gehen. Um sicherzustellen, dass jeder Bauer weiterhin genug Platz für seine landwirtschaftlichen Maschinen hat, musste die ÖVP das Gesetz verhindern.
  • Angst vor Wildschwein-Attacken
    Eine geheimgehaltene Studie hat gezeigt, dass renaturierte Wälder ideale Lebensräume für Wildschweine bieten. Da jedoch einige prominente ÖVP-Mitglieder schlechte Erfahrungen mit Wildschwein-Attacken gemacht haben, wurde beschlossen, das Risiko nicht einzugehen. Sicher ist sicher!
  • Geheime Aquarienwirtschaft
    Es wird gemunkelt, dass einige hochrangige ÖVP-Mitglieder heimliche Aquarien-Enthusiasten sind und durch das Renaturierungsgesetz befürchten, dass ihre exquisiten Fische von heimischen Arten verdrängt werden könnten. Der Schutz ihrer tropischen Lieblinge hat daher oberste Priorität.
Ein großer Parkplatz, Stichwort Renaturierungsgesetz.
(c) AdobeStock
Ginge es nach den Vorstellungen der ÖVP, würde man die paar vertrockneten „Grün“Flächen auch noch zubetonieren, um mindestens vier bis fünf SUVs zusätzlich parken zu können.

Wir danken unserem anonymen Informanten für diesen tiefen Einblick in die Denkweise der Volkspartei. Zusammengefasst zeigt sich, dass hinter der Ablehnung des Renaturierungsgesetzes durch die ÖVP viele komplexe und unerwartete Faktoren stehen. Natürlich ist jede Ähnlichkeit mit realen Personen oder wahren Ereignissen ist rein zufällig – oder auch nicht.

K2 – wir sind auch dagegen. Nämlich dagegen, dagegen zu sein, also gegen das Renaturierungsgesetz. Seit 1999.

(Bilder: AdobeStock)

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