Ganz im Sinne ihres mantraartig verbreiteten Credos „keine neue Steuern“ denken die Koalitionsverhandler und -innen von FPÖVP darüber nach, die Schulen komplett abzuschaffen. So wird auf höchster Verhandlungsebene darüber diskutiert, ob es nicht sinnvoller wäre, alle Lehrer und -innen zu entlassen, sämtliche Schulen zu schließen und stattdessen TikTok als einzige Bildungsquelle zu forcieren. Schließlich, so die Befürworter, ist das Bildungsniveau der FPÖ ein Beweis dafür, dass man auch mit minimalem Wissen erfolgreich durchs Leben kommen kann. Warum also in aufwändige Lehrpläne, qualifizierte Pädagogen und -innen und teure Schulgebäude investieren, wenn ein Smartphone und eine stabile Internetverbindung ausreichen?

Die Vorteile liegen auf der Hand: TikTok ist schnell, unterhaltsam und kurzweilig. Wer braucht schon langatmige Mathematikstunden, wenn man in 15 Sekunden lernen kann, wie man „2+2“ mit einem trendigen Tanz visualisiert? Geschichte wird lebendig, wenn man von Influencern mit Filtern erfährt, dass Cäsar ein „echter Alpha“ war und die Französische Revolution „total lit“ ablief. Ganz zu schweigen von Chemie, wo Experimente mit Cola und Mentos direkt praktische Lebensweisheiten vermitteln – wie etwa, dass es explosive Konsequenzen haben kann, wenn man Dinge unbedacht zusammenmischt.

In der neuen TikTok-Schule könnte jedes Fach durch einen Hashtag repräsentiert werden: #MatheHacks erklärt, wie man drei Euro durch fünf teilt – einfach mit dem Taschenrechner. #BioChallenge zeigt, wie man eine Avocado in einer Woche zum Wachsen bringt, und #HistoryRecap fasst den Zweiten Weltkrieg in einem lustigen Tanz zusammen. Grammatik wird komplett durch #AutoCorrect ersetzt, und für Naturwissenschaften reicht das bereits oben erwähnte spektakuläre Mentos-Cola-Experiment. Man könnte sogar TikTok-Stars als Lehrer einsetzen. Sie wissen schließlich, wie man eine breite Zielgruppe anspricht. Wer will schon einen alten Mathelehrer, der sich über Algebra aufregt, wenn man einen Influencer haben kann, der während einer Gleichung Breakdance macht?

Ein weiterer Pluspunkt: Die Schüler lernen nicht nur Fakten, sondern auch gleich, wie man viral geht, Sponsoren gewinnt und sein Einkommen durch Produktplatzierungen maximiert. Ein Bildungssystem, das nicht nur Wissen, sondern auch wirtschaftliche Überlebensstrategien vermittelt, ist schließlich der Traum jeder neoliberalen Denkfabrik.

FPÖVP „auf Linie“

Und das Beste: Man muss die Kids nicht umständlich motivieren, ihre TikTok-Stunden zu absolvieren, weil sie ohnehin schon alle »freiwillig« vor ihren Screens hocken! „Und so ganz nebenbei sparen wir Jahr für Jahr Milliarden, die wir in den Auf- und Ausbau unserer »eigenen« Kanäle stecken können. Und wir haben damit auch noch das Budget saniert. Ganz ohne neue Steuern – einfach herrlich“, so ein hochrangiger FPÖler mit Hang zu Pferden und entsprechenden Entwurmungsmitteln.

Fünf junge Menschen stehen nebeneinander und schauen alle auf ihre Smartphones, Stichwort FPÖVP.
(c) AdobeStock
Hier ein Teil der 8C bei einer Lateinschularbeit.

Doch Kritiker warnen: Ein derart abgespecktes Bildungsmodell könnte langfristig dazu führen, dass das Allgemeinwissen auf das Niveau sinkt, auf dem Menschen glauben, die Erde sei flach und Impfstoffe würden Chips enthalten.

Aber mal ehrlich – braucht man wirklich Differenzialgleichungen oder die Relativitätstheorie, wenn man ohnehin nur mit lustigen Videos und Hashtags durch den Alltag scrollt? Wer will sich schon mit komplizierten Dingen beschäftigen, wenn der Algorithmus einem ohnehin automatisch alles vorzeigt, was man „wissen“ muss? In einer Welt, in der Klicks und Shares wichtiger sind als Fakten, ist das vielleicht genau die Art von Bildung, die wir brauchen. Außerdem wird es sowieso auch die Wahlpflichtgegenstände „Youtube“ und „Insta“ geben. So What?

Vielleicht sollten wir uns einfach dem Lauf der Dinge hingeben und akzeptieren: Die Zukunft der Bildung ist nicht schwarz auf weiß – sie ist bunt, hat einen Beat und kommt mit einem #YOLO.

(Bilder: Pixabay.com, AdobeStock)

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