Österreich – im Land der Schwurbler, Esoteriker und Homöopathiker, wo Homöopathie immer noch als ernsthafte Medizin gilt, Globuli bei jeder Kleinigkeit verabreicht werden und man glaubt, dass ein Amethyst auf dem Nachttisch das Familienglück nachhaltig sichert, durfte eines natürlich nicht fehlen: Eine eigene TV-Show über Astrologie! Der ORF, stets am Puls der Zeit, hat diesen kulturellen Meilenstein nun mit dem neuen Format „Blick in die Sterne – Die Astro Show“ geschaffen. Und es kommt nicht von ungefähr. Wer sich in der österreichischen Medienlandschaft auskennt, weiß: Wenn die FPÖ an die Macht kommt, wird es von solchen Sendungen nur so wimmeln!

Astrologie? Warum eigentlich nicht. In Zeiten, in denen wissenschaftliche Erkenntnisse in großen Teilen der Bevölkerung skeptisch beäugt werden und Verschwörungstheorien Hochkonjunktur haben – Stichwort „The Orange Man“ –, ist es doch nur logisch, dass auch die Sterne uns endlich das Geheimnis unseres Schicksals verraten sollen. Was könnte besser sein als ein Horoskop, das einem direkt aus der Mattscheibe entgegenspringt? Wozu noch Wissenschaft, wenn Saturn im Quadrat des dritten Hauses von links vom Mars aus gesehen steht und unser Liebesleben beeinflusst?

Doch in dieser »neuen Glanzzeit des ORF« bleibt es natürlich nicht nur bei Astrologie. Wie eine Vorschau auf das politische Programm der FPÖ (u.a. Abschaffung des „Staatsfunks“), die mit ihrer „alternativen“ Sicht auf die Dinge demnächst auch die Bildungspolitik übernehmen könnte, stehen bereits weitere Sendungen in den Startlöchern: Nach „Blick in die Sterne“ kommt „Die Macht des Pendels – Geheimnisse der Radiästhesie“, gefolgt von „Kraft des Mondes – Ihr persönlicher Mondkalender“. Und wer weiß, vielleicht dürfen wir uns bald auf ein 229-teiliges Special zur Heilwirkung von Bachblüten freuen – unterstützt von einem prominent besetzten Expertengremium aus Influencern und Prominenten, die schon mal ein Buch gelesen haben.

Schwurbler kaufen Globuli

Man mag sich die Zukunft kaum ausmalen: Eine Zeit, in der Bildungsprogramme für die Jugend von Heilsteinen und Schwingungstherapie geprägt sind, in der alternative Fakten und „gefühlte Wahrheiten“ Vorrang vor echten Erkenntnissen haben. Die Vision ist klar: Schulen mit Esoterik-Lehrstühlen, Universitäten, die Kurse in „Karmischer Psychotherapie“ anbieten, und Krankenkassen, die endlich auch Aura-Reinigungen und Reinkarnationstherapie übernehmen. Immerhin gibt es hier Menschen, die ernsthaft an Globuli glauben, die mit 0,00001 Prozent „Wirkstoff“ gefüllt sind, aber trotzdem als hochwirksames Heilmittel »teuer« verkauft werden.

Die Astro Show im ORF wird in dieser Welt zur Grundausbildung. Immerhin müssen wir lernen, mit den Sternen zu kommunizieren, bevor wir beginnen, mit außerirdischen Zivilisationen in Kontakt zu treten. Das passt hervorragend zur neuen Leitkultur, die von der FPÖ propagiert wird: Alles, was den Anschein von „fremder Einmischung“ durch die internationale Wissenschaftselite erweckt, wird durch heimische „alternative“ Weisheiten und Erkenntnisse ersetzt: Globuli statt Pharmaindustrie, Horoskope statt Wetterberichte und Handauflegen statt Operationen. Vielleicht stehen wir ja kurz vor einem neuen medizinischen Durchbruch, bei dem Homöopathie und Astrologie die Schulmedizin endgültig ablösen und statt Schmerzmittel zwei Stunden Meditation auf dem Rezept steht!

Im neuen „Blick in die Sterne“ wird natürlich auf modernste Produktionstechniken gesetzt: Überdimensionale Horoskopkreise und leuchtende Sternzeichenanimationen flimmern über die Bildschirme. Die Zuschauer dürfen live anrufen und erfahren, welches Schicksal ihnen die Sterne für den kommenden Monat bereithalten. Und es wird nicht nur bei allgemeinen Aussagen wie „Die Venus steht günstig für ihr Liebesleben“ bleiben – nein, dank neuester „astrologischer Präzisionsberechnungen“ erfahren sie auch, wann sie am besten das Haus verlassen sollten, um einem blauen Auto auszuweichen oder welchen Tag sie meiden müssen, um sich nicht versehentlich zu erkälten. Schließlich muss man vorsichtig sein, wenn Merkur rückläufig ist!

Doch in einer Welt, in der Astrologie die Oberhand gewinnt, wird auch die Wissenschaft nicht ungeschoren davonkommen. Ein „Ministerium für spirituelle Wahrheit“ wird eingerichtet, in dem eine neue „alternative Physik“ gelehrt wird. Professoren für klassische Naturwissenschaften werden entweder in die Rente geschickt oder zum Horoskopunterricht zwangsverpflichtet. An Schulen wird das Periodensystem durch eine Tafel mit Sternzeichen und ihren „elementaren Energien“ ersetzt. Chemieunterricht? Wird überflüssig, wenn man weiß, dass der Skorpion von Natur aus mit dem Wassermann chemisch unverträglich ist.

Eine Esoterikerin beim Mischen von Karten, Stichwort Schwurbler.
(c) AdobeStock
Die künftige Ministerin für spirituelle Wahrheit bereitet bereits ihre Antrittspressekonferenz vor.

Wenn die FPÖ also tatsächlich das Ruder übernimmt, wird der ORF jedenfalls zum führenden Medium einer Ära, in der keine Impfung, keine wissenschaftliche Erkenntnis und kein naturwissenschaftlicher Fakt mehr ungefragt akzeptiert wird. In diesem »Paradies der Schwurbler und Esoteriker« wird die Astro Show nur der Anfang sein. Kritische Stimmen? Fehlanzeige. Wer an „Blick in die Sterne“ zweifelt, dem wird sofort das Etikett des „Wissenschaftsfaschisten“ aufgeklebt. Fakten sind eben nur was für Langweiler und Leute, die mit einem zu kleinen Stirnchakra geboren wurden.

Wer weiß – vielleicht ist „Blick in die Sterne“ ja tatsächlich der Schlüssel zur Rettung unserer Zukunft. Wir werden einmal Saturn, Venus und Pluto fragen, was sie dazu sagen bzw. wissen.

K2 – wir vertrauen auf das 1. Haus. Seit 1999.

(Bilder: AdobeStock)

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