Die ÖVP verkündet mit »Der Österreichplan« stolz ihre neueste Idee in Sachen Steuerpolitik: Überstunden sollen komplett von der Steuer befreit werden, „um jene zu unterstützen, die mehr leisten, als sie müssten“, so ein anonym bleiben wollender schwarztürkiser „Spitzenstratege“. Der Vorschlag, der auch als Startschuss für den anstehenden Nationalratswahlwahlkampf gesehen werden kann, ist Teil eines Planes zur Entlastung von Steuerzahlern und -innen sowie Unternehmen.
Diese großzügige Maßnahme verspricht, das Leben der Arbeitnehmer zu erleichtern und die Wirtschaft anzukurbeln. Doch wer sind die wahren Gewinner dieser Maßnahme? Wir von K2-Magazine haben uns das natürlich wie immer genauer angeschaut. Eines gleich vorweg: Die 93,78 Prozent der Arbeitnehmer und -innen mit All-In-Verträgen – btw: mittlerweile haben auch schon 52,07 Prozent der Teilzeitbeschäftigten All-In-Verträge – schon mal nicht.
Die »wahren« Gewinner der steuerbefreiten Überstunden
- Kaffeemaschinenhersteller
Mit Überstunden ohne Steuerabzug wird der Kaffeekonsum am Arbeitsplatz voraussichtlich drastisch steigen. Kaffeemaschinenhersteller dürfen sich auf sprudelnde Gewinne freuen, denn nur mit einer ständigen Koffeinzufuhr lassen sich die zusätzlichen – steuerfreien – Arbeitsstunden bewältigen. - Bürostuhlproduzenten
Bei so vielen Überstunden müssen die Bürostühle bequem sein. Diejenigen, die ergonomische Stühle herstellen, werden wahrscheinlich einen Anstieg in den Verkaufszahlen verzeichnen. Denn wer will schon nach einem langen Arbeitstag mit Überstunden mit Rückenschmerzen nach Hause gehen? - Fast-Food-Ketten und Essenslieferanten
Mit der Zunahme von Überstunden dürfte auch die Bereitschaft, selbst zu kochen, sinken. Fast-Food-Ketten und Essenslieferanten werden die Gewinner sein, wenn gestresste Arbeitnehmer und -innen nach einem langen Tag keine Lust mehr haben, sich in die Küche zu stellen. - Online-Shops für Schlafmittel
Wenn die Arbeitnehmer und -innen trotz Überstunden noch ihre tägliche Portion Schlaf bekommen wollen, werden Schlafmittel eine immer wichtigere Rolle spielen. Online-Shops, die eine breite Auswahl an entsprechenden Beruhigungsmitteln anbieten, könnten von dieser Steuerbefreiung profitieren. - Psychologen und Therapeuten
Mit der möglichen Zunahme von Stress und Überarbeitung wird die Nachfrage nach psychologischer Unterstützung wahrscheinlich steigen. Therapeuten und Psychologen könnten diejenigen sein, die wirklich von der Überstunden-Steuerbefreiung profitieren, wenn gestresste Arbeitnehmer und -innen nach professioneller Hilfe suchen. - Fitnessstudios
Da die Arbeitnehmer und -innen nun noch länger im Büro bleiben, um von der Steuerbefreiung zu profitieren, werden viele wohl ihre Fitnessziele aus den Augen verlieren. Fitnessstudios könnten jedoch davon profitieren, wenn Menschen versuchen, ihre Überstunden-Kilos rasch wieder loszuwerden. - „Zeitreisende„
Wer hätte gedacht, dass die ÖVP einen so revolutionären Schritt in die Vergangenheit wagt? Mit der Steuerbefreiung von Überstunden können Arbeitnehmer und -innen nun endlich die glorreichen Zeiten der Industriellen Revolution erleben, in denen Überstunden die Regel waren. Willkommen im 19. Jahrhundert! - Hersteller von Schreibtisch-Zubehör
Mit längeren Arbeitszeiten steigt auch die Nachfrage nach ergonomischen Sitzsäcken, Anti-Müdigkeitsmatten und stressreduzierenden Gummibällen zum Kneten. Büroausstatter können sich über sprudelnde Gewinne freuen. - Die Sonnenbrillenindustrie
Da Arbeitnehmer nun länger in den künstlich beleuchteten Büros verweilen, wird der Bedarf an Sonnenbrillen steigen. Wer braucht schon Tageslicht, wenn man die ganze Zeit Überstunden macht? - Steuerberater
Auch die Steuerberater werden jubeln. Mit der kompletten Befreiung von Überstunden von der Steuer gibt es noch mehr komplizierte Regelungen und Ausnahmen zu beachten. Das bedeutet mehr Arbeit für die Steuerexperten und -innen und somit auch mehr Einnahmen für ihre Dienstleistungen. Win-win!
Nun, natürlich zu guter Letzt sind die Überstunden selbst »die« Gewinner und -innen. Endlich können sie frei durchatmen, ohne die ständige Bedrohung der Steuerlast. Die armen Überstunden wurden in der Vergangenheit oft übersehen und unterbewertet – jetzt bekommen sie endlich die Anerkennung, die sie verdienen.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Steuerbefreiung von Überstunden eine echte Win-Win-Win-Win-Situation ist – vorausgesetzt, man profitiert davon, indem man ein Kaffeeunternehmen, einen Therapiepraxis oder einen Pizzalieferdienst betreibt. Wie sich das mit der tatsächlichen Arbeitsrealität, in der die 10-Stunden-Woche längst Realität ist, ausgehen soll, bleibt abzuwarten.
K2 – wir zahlen uns »nur« steuerbefreite (Über-)Stunden – seit 1999.
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